Pressemitteilung zur Gesetzesänderung der Bundesregierung zum Erscheinungsbild von Beamtinnen und Beamten

Kopftuchverbot durch die Hintertür?

Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) ist enttäuscht darüber, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum „Erscheinungsbild von Beamtinnen und Beamten“ ohne Weiteres den Bundestag passiert hat. Die islamischen Religionsgemeinschaften wurden bei der Verbändebeteiligung zum Gesetzesentwurf vom federführenden Ressort im Bundesinnenministerium zu keiner Zeit angefragt, obwohl ein mehr als ein Jahrzehnt langer Dialog mit dem Ministerium des Inneren und den islamischen Religionsgemeinschaften besteht. 

Der Gesetzesentwurf gibt Bundes- und Landesbehörden ein Instrument in die Hand, mit der sie das Tragen beispielsweise von Kopftüchern und Kippas bei Beamtinnen und Beamten verbieten können, auch wenn der Ausgangspunkt zur gesetzlichen Regelung Tätowierungen sind. Dieses Gesetz schränkt das Grundrecht auf Religionsausübung für Beamtinnen und Beamten muslimischen Glaubens im erheblichen Maße ein. Es heißt: „Religiös oder weltanschaulich konnotierte Erscheinungsmerkmale nach Satz 2 können eingeschränkt oder ganz untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen“. Am kommenden Freitag soll er dem Bundesrat zur Abstimmung vorgelegt werden.

Mit dieser Regelung sind Rechtsstreitigkeiten und weitere langwierige Prozesse vorprogrammiert. In der Praxis wird sie insbesondere Musliminnen treffen, die ein Kopftuch tragen – unabhängig von ihren Qualifikationen und Eignungen. Sobald der Dienstherr meint, das Kopftuch könnte das Vertrauen in die neutrale Amtsführung beeinträchtigen, kann er ein Verbot aussprechen – was jedoch konkret diese neutralen Erscheinungsmerkmale sein sollen, werden im Zweifel Richterinnen und Richter entscheiden müssen.

Durch dieses Gesetz werden Musliminnen ein weiteres Mal vor die Wahl gestellt, sich entweder für ihr Kopftuch oder für einen Beamtenberuf ohne Kopftuch zu entscheiden. Das ist das falsche Signal an die vielen Musliminnen und Muslime in unserem Land. Dadurch wird auch das Vertrauen in die staatlichen Institutionen erheblich geschwächt. Die Ausgrenzung und Stigmatisierung von muslimischen Frauen im beruflichen Dienst kann und sollte nicht im Interesse der Bundesregierung sein. 

Das muslimische Leben in Deutschland zeigt sich in seiner großen Vielfalt. Frauen mit Kopftuch gehören zum Selbstbild der deutschen Gesellschaft und sind ein fester Bestandteil unserer Öffentlichkeit, wie auch Frauen ohne Kopftuch ihren natürlichen Platz in der muslimischen Gemeinschaft haben. 

Wir rufen die Mitglieder des Bundesrates dazu auf, gegen diesen Gesetzentwurf zu stimmen und sich somit gegen die Diskriminierung von Musliminnen mit Kopftüchern, die zuletzt ein weiteres Mal in der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland (MLD 2020)“ bestätigt wurde, zu stellen.

Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) wurde 2007 gegründet und ist ein Zusammenschluss der größten islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland, um gemeinsame Belange der Muslime zu vertreten. Die Gründungsmitglieder sind die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD). Im Jahre 2019 schlossen sich außerdem die Union der Islamischen Albanischen Zentren in Deutschland (UIAZD) und der Zentralrat der Marokkaner in Deutschland (ZRMD) dem KRM an. 

Köln, 05.05.2021